Die Mystik und Geschichte
Spricht man vom Gold des Meeres, vom Lieblingsstein der Sonne, von Farben, welche das Licht selbst in sich zu tragen scheinen, von wärmenden Steinen, die dennoch keine Steine, sondern etwas Organisches sind, ist die Rede von Bernstein.
Er ist ein uralter Zeitzeuge, geliebt und begehrt für Schmuck und Kunstgegenstände und das zeitunabhängig. Jedes Jahrhundert schmückte sich mit ihm, verfiel seinen Farben und ließ sich von ihm inspirieren. Kein Wunder, dass sich gleich mehrere Legenden um seine Entstehung ranken, mythische Geschichten, eine schöner als die andere.
Die Legende von Phaethon, Sohn der Sonne
Laut der griechischen Mythologie wurde die göttliche Abstammung von Phaethon, dessen Mutter eine Sterbliche war, angezweifelt. Phaethon bat seinen Vater Helios, den Sonnengott, um Hilfe und wollte mit einer Fahrt seines Sonnenwagens die Richtigkeit seiner Blutlinie beweisen. Doch er war mit der Lenkung des Wagens überfordert, kam der Erde zu nahe und sorgte für eine schlimme Dürre. Die Meere trockneten aus, die Ernte verbrannte und die Erdgöttin Demeter flehte um Hilfe.
Zeus erschlug darauf Phaethon, der in den Fluss Erdian, im Norden Griechenlands fiel. Seitdem führt dieser Fluss Bernstein. Seine Schwestern beweinten sein Schicksal und da sie nicht aufhören konnten zu weinen, verwandelten sie die Götter in Pappeln. Auch als Bäume weinten sie weiter und aus dem Harz entstand jener Bernstein, der heute im Meer gefunden wird.
Eine germanische Geschichte erzählt
Die Liebesgöttin der Germanen, die blonde Freyja, liebte alles Schöne und damit auch Schmuck. Sie begegnete vier Zwergen, die gerade eine wunderschöne Halskette angefertigt hatten. Als Preis verlangte jeder der Zwerge eine Liebesnacht mit ihr. Der Wunsch, diese Kette zu besitzen, war so groß, dass sie zusagte. Aus Angst, dass ihr Man Odur davon erfuhr, trug sie die Kette nur nachts.
Doch der hinterlistige Loki, einer der Asengötter, erzählte Odur davon und Freyja musste sich vor Göttervater Odin rechtfertigen. Sie beichtete ihre Tat. Odin verzieh ihr, aber sie musste ab nun die Halskette immer tragen. Ihre Tränen über diese Schmach wurden zu Bernstein. Bei den Kelten galt seitdem das Tragen einer Bernsteinkette als Zeichen von Wahrheit und Aufrichtigkeit.
Das Gold der Ostsee
Das „Gold des Nordens“ wird in vielen Liedern und Geschichten besungen. Eine altlitauische Sage erzählt, dass sich am Grunde der Ostsee ein riesiger Bernsteinpalast befand. Die darin wohnende Meeresgöttin verliebte sich in einen Fischer und verschmähte aus diesem Grund die Liebe von Perkunas, dem Donnergott.
Aus Zorn über diese Zurückweisung zerstörte er ihren Palast. Seitdem werden Stücke dieses Schlosses an die Ostseeküste gespült, vermischt mit kleinen Bernsteinstückchen, welche die Tränen der Meeresgöttin darstellen. Die Tränen erklären sich weniger aus dem Verlust des Palastes als über den Schmerz der eigenen Unsterblichkeit. Sie überlebte den Fischer und bis heute vermischen sich ihre Tränen über seinen Tod mit den Überresten ihrer einstigen Heimat. Laut dieser Legende wird die Ostsee stets das schönste Strandgut des Meeres besitzen und bis in alle Ewigkeit den Bernstein in sich tragen.